Die Holledauer Weisheit

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Tief am Himmel stand die Sonne................
... So ungefähr könnte es losgehen. Quatsch! Sobald die Diskette wieder aufgetaucht ist...

I

 

Eine von den Flaschen war noch nicht ganz leer. Bestimmt war noch ein guter Schoppen drin. Ich kann sowas schlecht schätzen. Also füllte ich ein Achtelglas mit Schmetterlingen drauf und trank es aus. Es war mal Senf drin gewesen, doch der Senfgeschmack war nicht mehr da. Der Durst war für die Tageszeit passabel. Aus dem Flaschenhals kam noch ein Achtel, und ein paar Tropfen blieben übrig. Nicht schlecht geschätzt, sagte der Hase.
Unten vor der Disco lag verlassen Papier auf dem Gehsteig; vielleicht war hatte sich auch ein schmieriger Pariser dazugesellt, doch die Sonne schob sich bereits nach Süden und auf diese Entfernung konnte ich das nicht exakt erkennen. Denn immer noch klebte über den Dächern dieser feine Dunst, als hätte ich etwas an den Augen. Ich habe nichts an den Augen. Ich fing an zu rechnen und schloss das Fenster. Das Telefon klingelte.
"De Conde."
"Ja bitte."
Mir fiel nichts Besseres ein: "Was 'Ja bitte'?"
"Lassen Sie sich ruhig Zeit."
"Wozu?"
"Ich dachte, Sie sagten 'Sekunde'."
"De Conde hab ich gesagt", sagte ich.
"Ist da nicht Stäch?"
"Nein", sagte ich, "die sind umgezogen."
Ich gab ihm die Nummer, ohne mich überanzustrengen.
Wenn sich in zwei Flaschen je ein Liter befindet, gibt das zweimal acht, somit sechzehn Achtel. Sechzehn Achtel minus zwei Achtel und ein paar Tropfen ist gleich dreizehn Achtel und viele Tropfen. Die waren nicht mehr da. Die mussten gestern abend verschwunden sein. Sechs ganze Schoppen, ein halber und viele Tropfen waren das, anders ausgedrückt. Wenigstens hatte ich jetzt Klarheit, und irgendwie erinnerte mich das alles an Mengenlehre.
Möglicherweise war es auch Mathematik, obwohl mir die ganze Sache fast so kompliziert schien, wie ich schon beim Wachwerden befürchtet hatte.
Ich nahm mein Senfglas in die Hand und machte mich auf den Weg in die Küche. Captain Kiley war bereits munter, ich hörte ihn schon zwitschern, als ich Wasser in die Kaffeemaschine füllte.
"Geduld, Captain", rief ich in seine Richtung und schaufelte erst mal Kaffeepulver in den Filter. Ich schaltete die Maschine an und ging rüber zu ihm. Sein Käfig stand neben dem Fenster auf einem Barhocker, den ich vor zwanzig Jahren aus dem Hopfenland-Stüberl entführt hatte. Ich hatte nie Lösegeld verlangt, und wahrscheinlich hätte ich nie auch nur einen Pfennig erhalten. Das Sonnenlicht fiel gewaltig durch die Scheiben, und Captain Kiley schüttelte sich widerwillig wie ein mit Hühnerpisse begossener Pudel, als ich das blaue Tuch vom Käfig zog.

II

 


III

 


IV

 


V

 


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